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Keine Reindustrialisierung in Österreich sichtbar

"Die globale Bedeutung Europas als Zementmarkt wurde innerhalb von zehn Jahren marginalisiert, eine Reindustrialisierung findet weder in Europa noch in Österreich statt", bedauert Mag. Rudolf Zrost, Vorsitzender der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie bei der Pressekonferenz in Wien, am Mittwoch den 11. Mai. Europa und auch Österreich brauche die Industrie um die Forschung im Lande halten zu können. Mit hoch entwickelten Produkten konnte die Zementindustrie in Österreich 2015 ein Plus von vier Prozent erwirtschaften, für 2016 ist Zrost nur moderat optimistisch. Trotz Investitionsrückgang wurde der Anteil in den Umweltschutz um 25 Prozent erhöht. Zrost fordert eine dringende Reform des Emissionshandels, da dieser ein überbürokratisches und wettbewerbsverzerrendes Verwaltungsregime sei und damit den Wirtschaftsstandort massiv gefährde. Zrost: "Es wäre schade, denn eine aktuelle Regionalstudie bestätigt unserer Industrie ihre Leistungen zur Wertschöpfung und Erhaltung ländlicher Regionen."

"Die Standortpolitik in Österreich stellt auch die Zementindustrie vor größte Herausforderungen. Die Kosten für Arbeit und Energie zählen weltweit zu den höchsten. Die  mangelnde Umsetzung einer erfolgreichen Bildungspolitik führt zu einem Problem bei der Rekrutierung notwendiger Fachkräfte und die Bürokratisierung des Klimaschutzes verschärft das Dilemma. Das EU-Ziel, den Industrie-Anteil bis 2020 auf 20 Prozent zu steigern, scheint in weiter Ferne", sagt Zrost.
(Die Marginalisierung Europas - Grafik1)

Globale Bedeutung Europas innerhalb von zehn Jahren marginalisiert

Europa glaubt den Klimaschutz beeinflussen zu können, aber die Industrieproduktion wurde in ihrer Bedeutung im Vergleich zu China und dem restlichen Asien in den letzten Jahren bereits marginalisiert. Im Jahr 2001 hatte China einen Anteil von 38,3 Prozent an der weltweiten Produktion von Zement, das restliche Asien 26,1 Prozent und Europa 15,6 Prozent. 2014 schnellte der Verbrauch Chinas bereits auf 56,5 Prozent hoch, während der Anteil Asiens auf 23,9 Prozent fiel. Europas Zementproduktion sank seit 2001 auf einen Anteil von nur mehr 5,7 Prozent. Die Staaten der EU 28 nehmen dabei nur einen Anteil von 3,5 Prozent ein. "Der unglaubliche Aufwand für den europäischen CO2 - Zertifikatehandel wird die Welt leider nicht retten können", sagt Zrost. 

Reindustrialisierung Europas nicht bis Österreich durchgedrungen

Die EU Kommission hatte 2014 beschlossen, die regulatorische Umgebung zu verbessern, die für die Unternehmen zu mehr Planungssicherheit führen sollte. EU-Gesetze sollten einfacher gemacht und bürokratische Lasten abgebaut werden. Vergleichbares sollte auch von den Mitgliedsstaaten eingefordert werden.  "Nach der großen Finanz- und Immobilienkrise wurde die Reindustrialisierung Europas ausgerufen, allein außer zusätzlichen Belastungen ist in Österreich nichts passiert", kritisiert Zrost. "Österreich mutiert von einem Industriemusterland, das stolz auf seine Leistungen und den damit einhergehenden Wohlstand war, zu einem Verwaltungsstaat. Der industrielle Kern wird zunehmend ausgehöhlt, damit fehlen auch Investitionen in den Regionen der Standorte", so Zrost weiter.

Mit hoch entwickelten Produkten in der internationalen Top-Liga

Europa stellt für Zementprodukte keinen Massenmarkt mehr dar, sondern produziert vor allem Qualitätsware. "Dank großer Forschungsintensität haben wir in Österreich eine hochentwickelte Baustoffindustrie", sagt DI Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie. Österreichs Unternehmen spielen im Hoch- und Tiefbau international in der Top-Liga mit. Die Zementindustrie sei ein wesentlicher Finanzier und Stützpfeiler der heimischen Wissensgemeinschaft. Spaun: "Smart Minerals, eine gemeinsame Tochter der TU Wien und VÖZ, ist ein Beispiel wie eine Zusammenarbeit gut und erfolgreich funktioniert." Die Verzahnung der Industrie mit den Universitäten sei wichtig, denn werde diese aus dem Land vertrieben, dann gebe es bald keine Forschung mehr und eine schleichende Reduktion der Unis. "Wir müssen den aktuellen Anteil zumindest halten um unser Know-how in die Welt exportieren zu können", appelliert Spaun und ergänzt: "Österreich hat damit einen großen Hebel um international zum Klimaschutz beizutragen."

EU 28: Zementproduktion von Bau- und Industrie-Produktion entkoppelt 

Die Entwicklungen der Industrie-, Bau-, und Zementproduktion, innerhalb der EU 28 – Staaten, haben sich seit der Finanz- und Immobilienkrise entkoppelt. Die Industrieproduktion ist schnell und stark eingebrochen, hat sich aber deutlich rascher erholt. Während der europäische Bausektor bis 2013 kontinuierlich gefallen ist und seither eine leichte Erholung sichtbar wird, lag die Zementproduktion 2008 bereits bei nur 70 Prozent und 2015 nur mehr bei 50 Prozent  gegenüber den Ausgangswerten von 2006. Damit hat sich die Zementindustrie in ihrer Entwicklung von der Bau- und Industrieproduktion abgespaltet. Ausschlaggebend dafür waren die massiven Einbrüche in Spanien, Italien und Griechenland und das Platzen von Immobilienblasen.
(Abspaltung der Zementproduktion - Grafik2)

Vier Prozent Plus für 2015

Mit ihren hoch entwickelten Produkten haben sich Zementproduktion und Umsatz der elf österreichischen Werke, trotz schwieriger Bedingungen,  positiv entwickelt. So wurde im Jahr 2015 gegenüber 2014 eine Steigerung um vier Prozent verzeichnet. Damit konnte ein Marktvolumen von 4,6 Millionen Tonnen bedient und ein Umsatz von 388 Millionen Euro erreicht werden. Die Exporte stiegen gegenüber 2014 mit 446.000 Tonnen um fast 15 Prozent. Die Importe verringerten sich auf 832.600 Tonnen Zement um knapp 11 Prozent. "Unsere Produktionen sind nicht exakt planbar", erklärt Zrost, "denn die Zementindustrie wird von der Baunachfrage bestimmt und nicht umgekehrt." Trotz Baubewilligungsrekorde ist die Wohnbautätigkeit schwach geblieben. So hat sich Anfang 2015 der Rückgang der Wohnbauproduktion verstärkt und kam erst zur Jahresmitte zum Stillstand. Geschätzte 52.000 Einheiten wurden österreichweit fertiggestellt (Q.: GBV). Auch die Tiefbaukonjunktur hat sich erst nach dem  ersten Halbjahr 2015 stabilisiert und konnte nominell im Bereich von etwa 1-2 Prozent wachsen.
(Das Wachstum der österreichischen Zementindustrie - Grafik3)

Moderate Erwartung für 2016

Für 2016 ist eine Trendwende im Bereich der Wohnbauinvestitionen zu erwarten. Der forcierte Wohnbau und  großer Bedarf in der Infrastruktur lassen auf ein positives Jahr hoffen. Zrost: "Die bisherige Schwäche des Wohnbaus angesichts des Nachfragedrucks überrascht. Bei rund 38.000 Haushaltsneugründungen pro Jahr und einer seit Jahren stark steigenden Nachfrage ist auch das eine Nachlässigkeit seitens der Politik." Ob die Wohnbauoffensive der Bundesregierung mit 30.000 zusätzlichen Wohnungen bis 2020, sowie das Wohnbauprogramm der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) mit 10.000 Wohnungen bis 2020 ausreichen werden, um die Nachfrage zu decken, bezweifelt Zrost. "Wir hoffen auf Wachstumsimpulse durch den Bahnausbau sowie Investitionen in Straßenbau und Tiefbau", so Zrost weiter. Die ÖBB plane in den nächsten fünf Jahren, allein in der Ostregion, Ausgaben von rund 3,7 Milliarden Euro. Bau- Highlights sind der Semmering-Basistunnel oder der Ausbau der Strecke Wien-Bratislava. Koralmbahn inkl. Koralmtunnel sowie Brennerbasistunnel sind weitere große Infrastrukturbauten der nächsten Jahre. Auch für Ausbau und Erhaltung des hochrangigen Straßennetzes sei bis 2020 ein Volumen von jährlichen 1,2 Milliarden Euro (Q.: Bank Austria Economics) vorgesehen.

Intensivierung Umweltprogramme um 25 Prozent

Während die Zementindustrie 2015 einen Rückgang der Gesamt-Investitionen von  5,7 Prozent verzeichnete, wurde das Investment in den Umweltschutz um fast 25 Prozent erhöht und erreicht damit 2015 einen Anteil von 46,3 Prozent. Spaun: "Die jahrelange Vertrauenskrise der Industrie in den Staat ist nicht kleiner geworden, aber Investitionen in den Umweltschutz haben Vorrang." Es wurden zwei Forschungsgroßanlagen zur weiteren Senkung von Emissionen gebaut. Spaun: "Diese neuen Umwelttechnologien werden weltweit erstmals eingesetzt. Die österreichische Zementindustrie ist im Innovationsbereich damit wieder international führend. Allerdings müssen wir uns bewusst sein, dass eine 'Nullemission' nie möglich sein wird. Aber wir setzen auf intensivste Forschung, um die Emissionswerte so weit wie möglich zu minimieren."
(Die Intensivierung von Umweltprogrammen - Grafik4)

Bundeseinheitliche Richtlinie für Ersatzrohstoffe

Die Freisetzung von HCB im Kärntner Görtschitztal veranlasste die Zementindustrie zur Erarbeitung eines wissenschaftlich fundierten Leitfadens zum Einsatz zukünftiger Ersatzrohstoffe. Dazu haben die Behörden eine sehr strenge, technische Handlungsanleitung für Sachverständige entwickelt, um den einheitlichen Vollzug in Österreich sicherzustellen. Spaun dazu: "Bundeseinheitliche Regelungen helfen die Schnittstellenprobleme durch die Zersplitterung von Zuständigkeiten auf Bundes- und Landesebene zu verbessern. In Zukunft ist österreichweit eine einheitliche Vorgangsweise gesichert." Eine transparente und offene Kommunikation mit Behörden und Stakeholdern führe zu zeitnahen Lösungen.

Modernste Zementproduktion mindert jährlich Emissionen

Die Werke der österreichischen Zementindustrie zählen zu den modernsten Anlagen Europas. Bereits Ende der 1980er Jahre wurden Alternativbrennstoffe  für den Energiebedarf eingesetzt – heute beträgt der Anteil daran  fast 80 Prozent. Spaun: "Das ist zweifelsohne ein Erfolg, der auch auf die CO2-Emissionen einen positiven Einfluss nimmt. Darauf können wir stolz sein. Aber wir sehen daran auch, dass Forschung eine gewisse Zeit braucht, bis Resultate richtig greifbar sind." So sind die österreichischen Werke bei der Produktion von Klinker der CO2-Benchmark -  im Vergleich zu den europaweit besten Werken - um 1,1 Prozent näher gekommen. Spaun: "Mit 778 kg/t Klinker sind wir nur noch 1,5 Prozent von der Benchmark entfernt." Beim Ausstoß von NOx konnten die Werte gegenüber 2014 um 11,8 Prozent reduziert werden. Spaun: "Wir haben 2009 eine freiwillige Vereinbarung mit dem Umwelt- und Wirtschaftsministerium  getroffen und den Behörden zugesagt, alles zu veranlassen um bis 2013 einen Wert von 390 mg/Nm3 zu erreichen. Mit weiterer Intensivierung der Forschung liegen wir aktuell bei einem Wert von 302 mg/Nm3."
(Modernste Zementproduktion mindert Emissionen - Grafik5)

Emissionshandel erstickt Innovationen 

"Der Emissionshandel hat sich zu einem überbürokratischen und wettbewerbsverzerrenden Verwaltungsregime entwickelt, das jegliche Impulse für Innovationen im Keim erstickt. Das Berechnungsmodell ist ein starres Korsett das keinerlei Realitätsinhalt hat", kritisiert Zrost. Die Zementindustrie fordert massiv eine Reform des Europäischen Emissionshandels 2021-2030. "Es ist alles ganz simpel zu berechnen, wenn die Zuteilung auf Basis der aktuellen Produktion erfolgt. Wir erreichen damit eine Lösung die zu keiner Wettbewerbsverzerrung innerhalb der Werke führt und keinen Profit durch Anlagenschließung zulässt. Dazu werden weniger CO2 - Zertifikate in Österreich, aber auch in Europa benötigt. Wir wollen, dass die Zuteilung ausschließlich im Vergleich mit den besten und modernsten Werken erfolgt." Damit könne auch die von der Zementindustrie seit Jahren geforderte Planungssicherheit eintreten. Jedes Werk könne Zertifikatkosten planen, Investitionsentscheidungen treffen und hätte einen hohen Anreiz vorhandene Benchmarks zu übertreffen.
(Zementindustrie fordert dringend Reform - Grafik6)

Erfolgsnachweis aktuelle Regionalstudie

Eine kürzlich fertig gestellte Untersuchung analysiert die wirtschaftlichen und sozialen Leistungen, die von den elf heimischen Standorten der Zementindustrie ausgelöst werden. Die Werke stehen 'mitten in den Regionen' und jeder der 1.272 Mitarbeiter induziert 3,74 weitere Arbeitsplätze allein in den vorgelagerten Wirtschaftskreisläufen. Somit sichert die Zementindustrie die wirtschaftliche Existenz von etwa 12.840 Menschen in Österreich. Rund 80 Prozent der Mitarbeiter eines Werkes kommen direkt aus dem Standortbezirk. Ein Viertel der Beschäftigten zählt zur 50plus Generation und ein Drittel ist bereits seit mehr als 20 Jahren beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt. Der Anteil von Lehrlingen liegt bei knapp acht Prozent, ebenso wie der Anteil von Akademikern. Die Studie steht zum Download zur Verfügung unter: www.zement.at.

Hohes Potential des Energiespeichers Beton mit erneuerbaren Energien 

Die Zementindustrie sehe ihren Baustoff Beton, der einen großen Nutzen für die Gesellschaft darstelle, im Bauwerk der Zukunft verankert, zeigt sich Spaun überzeugt. "Die jahrelange Forschung zum Einsatz des Energiespeichers Beton belegt eindrucksvoll das Potential der Bauteilaktivierung für Neubau und Quartiersanierung", so Spaun weiter. Seit einigen Jahren wird der hervorragende Wärmespeicher und Wärmeleiter für die Temperierung von Gebäuden eingesetzt.

Beton speichert hohe Mengen alternativer Energien 

Das Besondere beim Einsatz der Bauteilaktivierung ist, dass damit nicht nur geheizt und gekühlt werden kann, sondern dass sich damit die schwankend anfallende erneuerbare Energie perfekt einsetzen lässt. Die große Wärmespeicherfähigkeit von Beton erlaubt die kurzzeitige Einspeisung hoher Energiemengen. Spaun: "Die am häufigsten genutzten alternativen Energiequellen sind Sonne, Wind, Erdreich und Grundwasser. Witterungsbedingte Schwankungen können durch das Speichervermögen des Betons gepuffert und so die Kosten für den Betrieb sehr niedrig gehalten werden." Besonders erfreulich sei, so Spaun: "Die Investitionskosten sind nicht höher, als beim Einsatz herkömmlicher Heizsysteme."
(Hohes Potenzial als Energiespeicher - Grafik7)

Bilder und Grafiken stehen hier als Download zur Verfügung!

Rückfragehinweis

Pressestelle der Österreichischen Zementindustrie, Andrea Baidinger
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A-1060 Wien, Haydngasse 21, Tel +43-1-904 21 55-0
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